Rasseportrait der Orientalkatzen


Es war einmal vor langer, langer Zeit eine Prinzessin im alten Siam. Sie hatte stets ihre heißgeliebten, königlichen Katzen mit dem hellen Körperfell und dem dunklen Gesicht um sich und streifte ihnen ihre Ringe über den Schwanz, wenn sie baden gehen wollte. Damit die Tiere keines der Schmuckstücke verloren, machten sie einen Knoten in ihren Schwanz und bewachten sie mit solch strengem Blick, dass sie zu schielen begannen.

Soweit die Legende, die Knickschwanz und Silberblick der Tiere erklärte, die einst ein Merkmal waren, doch heute als schwere Fehler gelten und beinahe vollständig aus der Rasse herausgezüchtet wurden. Die eigentlichen Merkmale sind der helle Körper und die dunkleren „Points“, die sich überall dort ausbilden, wo die Körpertemperatur der Katzen etwas geringer ist: Im Gesicht, an den Ohren, den Beinen, dem Schwanz und den Geschlechtsorganen. Die erste Beschreibung einer solchen Katze stammt bereits aus dem Jahre 1350. 

Daneben sind ein schlanker, eleganter Körperbau, ein keilförmiger Kopf und eine tiefblaue Augenfarbe charakteristisch. So sollten sich bereits die ersten Siamkatzen 1871 auf den Katzenausstellungen präsentieren. 

Die gesellschaftliche Stellung solcher Besitzer wie Owen Gould, Bruder des britischen Generalkonsuls in Bangkok, der 1884 mit einem Paar Siamkatzen nach England kam und Mrs. Rutherford B. Hayes’, Frau des 19. Präsidenten, die die Rasse in die USA einführte, festigten früh den Ruf der Katzen, wahrhaft edle, blaublütige Tiere zu sein. 

Auch heute noch gelten sie als die „Rennpferde“ unter den Stubentigern, was nicht nur ihrer aristokratischen Eleganz, sondern vor allem ihrem temperamentvollen, verschmusten Wesen zu verdanken ist. Das teilt sich die Siamesin auch mit ihren nicht weniger reizvollen Schwestern, der Orientalisch Kurzhaar, (der einfarbigen Siam), der Balinesin (der langhaarigen Siam) und der Javanesin (der langhaarigen OKH), die nach und nach aus ihr heraus gezüchtet wurden. 

Aufgrund der warmen Temperaturen in ihrem Ursprungsland besitzen die Tiere keine Unterwolle, sondern ein seidiges, glänzendes Fell, das eng am Körper anliegt. Gestaltete sich anfangs die Zucht aufgrund des ungewohnten Klimas schwierig, so handelt es sich heute um wärmeliebende, aber durchaus robuste Katzen, die bis zu 20 Jahre alt werden können.

Wenn auch die Siamesin ihre prägnante Zeichnung so manch anderen Rasse lieh, so bleibt die Familie der Orientalkatzen doch an ihrem Körperbau und ihrem lebhaften Charakter unverwechselbar. 



Jutta Dietrich